Mittwoch, 4. November 2015

Waaas, schon wieder?

Heute war mein zweiter Nachsorgetermin in der dermatologischen Ambulanz in Bochum. Die Nacht vorher verlief- wie nicht anders zu erwarten - unruhig. Und dann noch der Termin um 7:40 Uhr..... das trug nicht unbedingt zur guten Stimmung am frühen Morgen bei.

Ich fahre über die Autobahn und merke, dass es mir gerade echt schlecht geht - Aufregung, Angst, Unsicherheit. Hmm, wenn jetzt jemand "Buh" sagen würde, könnte ich direkt anfangen zu heulen. Ich habe niemanden mitgenommen, diesen Termin nehme ich lieber allein wahr.
Ich komme pünktlich am St.-Josef-Hospital an und finde sogar einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Eingangs. Wo die dermatologische Ambulanz ist, weiß ich mittlerweile. Die nette Dame am Empfang fragt mich zunächst nach der Überweisung vom Hautarzt.... Mist, vergessen. Kann ich aber nachreichen. Ich sage, dass ich um 7:40 Uhr einen Termin habe. "Das bezweifle ich", sagt die Arzthelferin. "Unsere Termine beginnen erst um 8:00 Uhr." Ach du meine Güte! Die Königin der Morgenmuffel hat sich aus dem Bett gequält, um diese Nachricht zu erhalten. Aber es ist, wie es ist und ich vertrete mir noch ein wenig die Beine.

Um 9:00 Uhr (!!) ist es dann endlich so weit. Ich soll in die "U1" kommen. Vor lauter Aufregung laufe ich dreimal an dem Zimmer vorbei. Meine Ärztin heißt heute Frau Kieß und sie macht einen hervorragenden Job. Ich werde am ganzen Körper sehr ausführlich und gewissenhaft untersucht. "Sie haben aber auch viele Muttermale!" staunt Frau Kieß. Sie lässt nichts aus, die Füße, der Kopf, die Pobacken... alles. Es bleiben zwei Muttermale, die ihr auffällig erscheinen. "Diese beiden zeigen wir der Oberärztin." Frau Kieß macht sich auf die Suche und ich darf mich wieder anziehen. Es dauert noch weitere 20 Minuten, bis die Oberärztin, Frau Dr. Lahner, erscheint. Ihre erste Frage lautet: "Welche Farbe hatte das Melanom am Rücken?" Ich weiß, dass es pechschwarz war. Nach der Begutachtung der beiden verdächtigen Stellen mit dem Auflichtmikroskop gibt Frau Dr. Lahner Entwarnung. "In der Regel sehen neue Melanome aus wie das erste."
Das ist doch schon mal eine grandiose Nachricht.

Jetzt geht's noch zur Blutabnahme, Tumormarker bestimmen. "Eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagt Frau Kieß, wünscht mir eine gute Zeit und sagt zum Abschied, wenn ich etwas auffälliges bemerke, kann ich jederzeit zwischendurch vorbeikommen. Jetzt weiß ich wieder, warum ich bis nach Bochum zur Nachsorge fahre.



Auf dem Nachhauseweg kommt ganz langsam die große Freude darüber, dass diesmal nicht geschnippelt wird. Während ich auf die A40 abbiege, kommt mir zum ersten Mal der große Gedanken: Vielleicht war es das. Vielleicht kommt das nie mehr wieder.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Nicht allein auf der Welt

Ich erhalte immer mal wieder sehr nette Rückmeldungen von Menschen, die meinen Blog durch Zufall oder auch gezielt finden.
"Dass jemand hier aufschreibt, wie ich mich fühle, ist schon fast unheimlich. Danke, dass ich nicht mehr allein damit bin." oder "Dein Blog spricht mir aus der Seele." sind nur zwei von vielen Nachrichten, die mich über das Kontaktformular erreichen. Mich macht das stolz und ich fühle mich in dem, was ich tue (nämlich einen tiefen Einblick in meine Seele zu geben) bestärkt. Es hat zu Anfang Überwindung gekostet zu schreiben; jetzt empfinde ich es als Gewinn.
Eine junge Frau aus Hamburg schreibt ebenfalls - und schon viel länger als ich - einen Blog auf Facebook. Viola Helms gehört zu den Frauen, deren Stärke ich sehr bewundere. Auch in den dunkelsten Zeiten gibt sie die Hoffnung nicht auf. Ihre ehrlichen Posts sind oft mit viel Humor gewürzt (der auch tiefschwarz sein kann). 2012 wurde bei ihr Hautkrebs festgestellt. Dann: Metastasen, Therapien, Ruhe, wieder Metastasen..... der ganze verdammte Kreislauf, der hoffentlich bald durchbrochen sein wird.
Zur Zeit durchläuft sie eine Chemo und es soll auch noch eine Strahlentherapie hinzukommen - Viola, ich wünsche dir alles erdenklich Gute - tschaka, du schaffst das! 

Donnerstag, 3. September 2015

Reha - ein gutes Recht: Borkum at its best!

Mit der Diagnose "Schwarzer Hautkrebs" hast du die Möglichkeit, eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme (kurz: Reha) zu beantragen. Dafür wendest du dich am besten zunächst an die Deutsche Rentenversicherung oder deine Krankenkasse. Hier kannst du überprüfen, wer für dich zuständig ist.
Am feinsten ist es natürlich, wenn dich der Soziale Dienst des Krankenhauses, in dem dein Nachschnitt stattgefunden hat, auf die Möglichkeit hinweist, eine Reha zu beantragen. Das ist leider nicht immer so. In meinem Fall habe ich mich selbst gekümmert. In meinem Bundesland (NRW) haben die Krankenkassen die Koordination der onkologischen Rehas an die Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung übertragen. Das gibt es nicht in allen Bundesländern, hier hilft der Anruf bei der Krankenkasse oder beim Arzt.
Weitere Infos zur Beantragung einer Reha findest du auf der Seite "Der Weg zur Reha".


Abendstimmung am Strand von Borkum

Meine Reha wurde bereits im Mai 2015 bewilligt. Der Brief der Arge Krebs ließ mich jubeln: Wir bewilligen Ihre Reha. Die Klinik befindet sich auf Borkum. Juchu, ich darf an die Nordsee!
Der erstmögliche Termin zur Anreise sollte Ende Juli sein. Zu dem Zeitpunkt war ich beruflich im Ausland, deshalb machte ich mit der Klinik aus, dass ich an dem darauffolgenden Turnus anreise (ab dem 10.08.).
Die Klinik Borkum Riff ist eine Haut- und Lungenklinik. Das ist in der Regel dann auch die erste Frage, die man sich als Patienten gegenseitig stellt: "Und - Haut oder Lunge?"....
Pro "Durchgang" (also in der Regel dreiwöchige Rehamaßnahme) werden ca. zehn Melanompatienten aufgenommen. Die Klinik liegt in unmittelbarer Nähe zum weitläufigen Strand. Die Zimmer sind freundlich und hell. Wer geräuschempfindlich ist, sollte vor Rehaantritt bei der Patientenaufnahme um ein ruhiges Zimmer bitten. Neben den üblichen "Anwendungen" (Sport, Bäder, Massagen, Physiotherapie) gibt es für Hautkrebspatienten die Möglichkeit, eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen und an einer psychoonkologischen Ergotherapie teilzunehmen. Letzteres möchte ich euch sehr ans Herz legen.... will auch gar nich viel darüber schreiben, nur mein Tipp: nehmt die Gelegenheit wahr und begebt euch mit dem Therapeuten Herrn Becker auf die Reise. Es lohnt sich.
Nach dem Aufnahmegespräch erhaltet ihr euren Therapieplan. Ihr werdet nicht nur zugeordnet, sondern auch nach euren Wünschen gefragt, Mein Plan war sportlich, ich hatte recht viele Termine. Das war aber auch mein Wunsch - ich wollte endlich wieder loslegen.
Zu Beginn der Reha wird man im Speisesaal an einen Tisch gesetzt, es gibt nicht die Möglichkeit, den Platz frei zu wählen. Zunächst war ich skeptisch, ob ich das gut finden soll, aber Frau Naumann, die Chefin von Speis und Trank, hat ein gutes Gespür dafür, wen sie zusammensetzen kann und wo es nicht funktionieren wird.


Die Zeit der Reha hat mir sehr viel Kraft gegeben. Mein Vorsatz, möglichst wenige Leute kennenzulernen und viel allein zu unternehmen, erwies sich als richtig und wertvoll. Stundenlange Spaziergänge am menschenleeren Strand, Fahrradtouren mit ewigem Gegenwind (gefühlt...) und viele Abendstunden mit mir allein und meinen Büchern haben mich zum Nachdenken gebracht. Was ist wirklich wichtig in meinem Leben? Was tut mir gut, was nicht? Muss ich mich auch von jemandem/etwas verabschieden? Was fehlt?

Heute sitze ich in meiner gemütlichen Wohnküche, habe den Duft der Norrdsee noch in der Nase und kann zum ersten Mal seit Monaten sagen: Dieser schwere Stein, der auf meinem Herzen lag, ist nicht mehr da. Ich fühle mich leicht und frei.

Nutzt eure Reha! Vor allem: Beantragt eine Reha - es wird euch gut tun.
Lesesaal in der Borkumer "Kulturinsel"



PS:
Sportarten, die ich empfehlen kann: Nordic Aqua, Strandgymnastik und Fitnessgymnastik. Die Wirbelsäulengymnastik ist eher eine Rückenschule und ziemlich langweilig, ebenso der (freiwillige) Vortrag des Sozialarbeiters zum Thema "Schwerbehinderung" - kann man sich schenken. Wenn ihr auf Massagen steht: sagt es beim Erstgespräch mit dem Arzt. Auch, wenn ihr das Gefühl habt, dass drei Wochen nicht reichen: sofort im Gespräch anbringen.
Fahrräder kann man bei Herrn Poppinga in der Klinik leihen (ca. 40,00 € für drei Wochen).

Sonntag, 12. Juli 2015

Aufklärung im WDR

Der WDR hat meinen Blog entdeckt und einen Beitrag zum Thema "Hautkrebs und Sonnenschutz" gemacht. Er ist sehr gut geworden, wie ich finde, und kann hier angeschaut werden:

WDR: Hautkrebs - ein Beitrag in der Sendung "Servicezeit" im Juli 2015

Montag, 15. Juni 2015

... kann auch entzücken.

In meinem letzten Post bin ich vom Höckschen aufs Stöckschen (schreibt man das so????) gekommen und wollte eigentlich über etwas gutes, nämlich meine toll verheilte Rückennarbe zu sprechen kommen. Das hole ich hiermit nach!

Mein armer Mann muss immer noch in regelmäßigen Abständen meinen Rücken fotografieren. Das hat für mich den Vorteil, dass ich eventuelle Veränderungen dokumentiert habe. Außerdem kann ich mir in Ruhe die Rückennarbe ansehen, denn das ist vor dem Badezimmerspiegel etwas schwierig und endet im schlimmsten Fall mit einem verdrehten Nacken. Hier also mein Rücken:


Ich bin sehr begeistert von dieser Narbe. Sie ist gerade mal vier Monate alt und für meine Begriffe perfekt genäht und super geheilt. Es wurden selbstauflösende Fäden benutzt und der Arzt (der "Dottore", falls das jemandem was sagt... :-)) im St. Josefshospital Bochum hat die sog. Schmetterlingstechnik angewandt, der auch das subkutane Gewebe wieder gut miteinander verbindet.  (Das weiß ich nur, weil ich während der OP lediglich lokal betäubt war....) 
Der dicke, rote Punkt rechts neben der Narbe ist eine Exision, die vor einem Monat gemacht wurde. Hier wurde nur geschnitten, aber nicht genäht, da der Arzt das Rückengewebe nicht noch mehr belasten wollte. Es sah zunächst so aus, als hätte jemand eine Zigarette auf meinem Rücken ausgedrückt (uuuuaaaah!), aber jetzt normalisiert es sich langsam wieder. Also, es geht voran!


Ein schöner Rücken.....

Nach längerer Abwesenheit melde ich mich heute mal wieder. Der erste Sommer mit der Diagnose Hautkrebs ist eine Herausforderung. 

Schon mal im Juni in der Regenschirmabteilung eines großen Kaufhauses gewesen? Ich auch nicht - bislang. Auf der Suche nach einem UV-Taschenschirm bin ich dort gelandet. Es ist ganz schön einsam dort - vor allem, wenn die Sonne draußen lacht. Die Schirme mit bis zu 95%igem UV-Schutz sind ab 40,00 € zu haben - ein stolzer Preis, vor allem, wenn man - wie ich - den Schirm gern mal beim Friseur, in der Bahn, wo auch immer liegen lässt.
Aber ich habe mich dazu entschieden, einen solchen Schirm zu kaufen und auch zu nutzen. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich schief angeschaut werde, wenn ich bei strahlendem Sonnenschein mit einem Schirm rumrenne. Die Alternative wäre, die Sonne auf meinen Kopf brennen zu lassen oder einen breitkrempigen Hut zu tragen. Da breitkrempige Hüte immer den Charme des Mondänen ausstrahlen und ich das Gegenteil von mondän bin (und auch nicht sein will), ist der Schirm eine gute Alternative. Die Knirpse im Kaufhaus gefallen mir optisch nicht. Ich entscheide mich für einen Taschenschirm von Lilienfeld im Sonnenblumendesign - direkt beim Hersteller bestellt. Wenn der nächste pralle Sonnentag kommt, werde ich den Schirm ausprobieren.
Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, sich vor der Sonne zu schützen, ohne die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu lenken. Während des letzten Sommerfestes meines Arbeitgebers lief ich mit meinem flotten Hut von C & A durch die Gegend. Zeitweise hielt ich ihn auch nur in der Hand, denn im Haus oder im Schatten macht der Hut wenig Sinn. Ständig wurde ich auf den Hut angesprochen. "Was rennst du die ganze Zeit mit dem Hut durch die Gegend?" fragt mich eine ältere Kollegin. Was soll ich antworten... "Ich habe Hautkrebs und schütze mich mit diesem Hut!"...??? Schlechtes Thema für eine Party. Ich sage also: "Ich sammle für einen guten Zweck und singe. Aber alle Leute geben mir nur Geld, damit ich endlich aufhöre." Das sorgt für Lacher und der Hut ist aus dem Fokus. Bei mir bleibt trotzdem ein fahler Geschmack zurück. Die Unbefangenheit, mit der ich mich noch im letzten Jahr in der Sonne bewegt habe, ist perdu.


Freitag, 5. Juni 2015

Tage wie Feuer und Wasser

Sechs Tage soll ich warten, bis das Ergebnis kommt. Habe ich weitere Stellen, die von Hautkrebs befallen sind oder ist diesmal alles in Ordnung?


Die Tage bis zum Anruf vergehen schnell. Ich arbeite viel. Erst zwei Tage vorher geht das Kopfkino wieder los. War ich mir doch eigentlich sicher, dass die exisierten Stellen "vom Gefühl her " sauber waren, kann ich mich jetzt auf einmal erinnern, dass das untere Muttermal sich doch verändert haben könnte.
Die Klinik hat wieder ganze Arbeit geleistet. Ich muss nicht zum Fäden ziehen, sondern habe selbstauflösende (resorbierbare) Fäden bekommen. Die obere Stelle an der Brust sieht - abgesehen von dem riesigen blauen Flecken - einfach großartig aus. Ich bin froh, dass dort nicht gestanzt, sondern geschnitten wurde. Der Arzt hat darauf geachtet, dass meine Brust nichts abkriegt - ich bin sehr glücklich darüber und nehme mir vor, bei der nächsten Vorsorge eine Flasche Rotwein mitzunehmen, um mich zu bedanken.
Der Termin der Rückmeldung ist laut Auskunft der Frau in der Ambulanz für Mittwoch zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags geplant.
Am Dienstag denke ich, dass das Krankenhaus vielleicht doch schon heute anruft. Also belagere ich mein Festnetztelefon und habe das Handy immer "am Mann". Nichts passiert. Die Nacht ist unruhig.
Am Mittwoch wache ich mit dem Schreckensgedanken auf, dass die Klinik doch nicht anruft, weil sie eventuell das Ergebnis noch nicht haben oder zu viel zu tun ist. Es ist zum verrückt werden.
Um 14:00 Uhr nehme ich mir den Hund und gehe in den Wald - arbeiten geht nicht und für alles andere - selbst fürs Wäsche zusammenlegen - fehlt mir die Konzentration. Urgs.
Ich bin gut eingecremt, das Wetter ist schön. Langsam kann ich wieder durchatmen. Die Melodie von "Downton Abbey" ertönt - mein Klingelton. Es ist 14:23 Uhr, das Display zeigt "Private Nummer". Mit zitternden Fingern nehme ich das Gespräch an. "Das St.Josefs-Hospital in Bochum, die Dermatologie", höre ich eine junge, freundliche Frauenstimme. Mein Herz sackt in die Hose. "Ja.", kann ich nur antworten. "Spreche ich mit ....." - "Ja." Schweigen. "Frau K., wir haben drei Stellen entnommen am Freitag. Alle drei wurden eingeschickt und das Ergebnis ist heute bei uns eingetroffen. Es ist alles gutartig - also alles bestens." Ich merke, wie mir das Blut in den Kopf schießt. "Sind Sie sich sicher - alle drei Stellen sind gutartig?" frage ich atemlos. "Ja, alles gut. Wir sehen uns zur nächsten Nachsorge." - "Vielen Dank", bringe ich noch heraus. "Sie haben mir den Tag gerettet." Den Tag? Die gesamte kommenden Tage und Wochen!
Ich umarme den Hund und heule los. Gut, dass niemand außer mir im Wald ist. Die Tränen laufen, es sind Tränen der Erleichterung und Freude. Ich rufe meinen Mann an. Er ist genauso froh wie ich. Langsam fange ich mich wieder. Ich schaue in den blauen Himmel und rieche die jungen, duftenden Blätter des Waldes, sehe das zarte Grün.
Die Welt ist schön.

Donnerstag, 21. Mai 2015

Do it again...

Letzte Woche war ich zur Untersuchung im Josefshospital Bochum. Anlass war ein Muttermal, dass sich meiner Meinung stark verändert hat. Es handelt sich um die Stelle, die kurz nach der OP von einem Blutschwämmchen überzogen war und die mich  panisch in die nächste Notfallsprechstunde rennen ließ (siehe Post vom 16.3.2015). Diese kleine fiese Stelle hat sich in den letzten Wochen stark verändert, sie wurde knotig und dunkel. Ich vereinbarte einen Termin mit "meiner" Hautambulanz in Bochum. Die junge Ärztin stimmte mir zu und sagte: "Wo wir gerade dabei sind: Lassen Sie uns doch direkt die Nachsorge machen!" ...Ok..... dachte ich, zog mich aus und stellte mich den prüfenden Augen der jungen Frau. Zwei Stellen (Bauch und - aua - Brust) waren ihrer Meinung nach ebenfalls auffällig. Das bedeutete für mich: ein neuer Termin zum Schneiden/Ausstanzen steht an. Shit!

Heute ist es soweit. Der Termin ist um 7:30 Uhr. Ich bin allein zum Krankenhaus gefahren und ganz froh darum, mich mit niemandem unterhalten zu müssen. Ein älterer Mann und ich sitzen im langen Flur der Dermatologie im dritten Stock und werden von der Schwester in die Umkleidezimmer geführt. Ich wundere mich, dass ich jetzt doch wieder ein OP-Hemd, ein grünes Mützchen und Plastikschuhe überziehen muss. Beim letzten Mal wurde die Stelle in der dermatologischen Ambulanz entfernt, ratzfatz in fünf Minuten. Ich ziehe also das Engelhemdchen an und warte darauf, dass sich die Tür öffnet. Alle 30 Sekunden muss ich hin- und her gehen, sonst geht das Licht im Kabuff aus - der Bewegungsmelder ist auf "sportlich" gestellt.
Um kurz vor acht ist es dann soweit. Ich darf mich auf den OP-Tisch legen und der Arzt stellt sich kurz vor, bevor er sich die zu entnehmenden Stellen anschaut. Etwas verwundert sehe ich zu, wie er die erste Stelle mit einem schwarzen Stift markiert. Auf meine Nachfrage sagt er, dass er auch stanzen könnte, es dann aber kosmetisch nicht so gut aussehen wird, vor allem an diesen "pikanten" Stellen. Ok, dann gern schneiden!
 
Die Spritzen drücken und brennen ein wenig, dann merke ich nichts mehr... noch nicht einmal, ob nun auch alles betäubt ist. Der Arzt beginnt und ich merke .... nichts, puh! Über eine halbe Stunde wird geschnibbelt und genäht. Wir unterhalten uns währenddessen über "Germanys Next Top Model" und Essstörungen. Zum Ende hin wird es noch mal unangenehm, denn die Stelle am Rücken wird mit einer Rasierklinge entfernt und die Wunde wird nicht genäht, da sie zu nah an dem Nachschnitt vom letzten Mal liegt. Leider sehe ich die Rasierklinge und mir wird etwas komisch. 
Jetzt ist es vorbei. "Fünf bis sieben Tage nicht duschen, bitte!", ruft der Arzt mir noch hinterher. Himmel, das ist eine Herausforderung! Ich ziehe mich an und gehe noch mal zur Ambulanz. Die nette Frau an der Aufnahme sagt, dass ich nächsten Mittwoch zwischen 3 und 4 mit den Ergebnissen rechnen kann. Ich werde angerufen. Also gut, das Warten beginnt!


Sonntag, 3. Mai 2015

Nach der Diagnose: meine persönliche Liste

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll neu Erkrankten helfen, mit der Diagnose zurecht zu kommen.

1. Suche dir einen Vertrauten
Nach dem Schock der Diagnose musst du mit jemandem sprechen, dich jemandem anvertrauen können. Das kann dein Partner/deine Ehefrau sein oder aber auch ein guter Freund bzw. die beste Freundin. Du brauchst jetzt keine weisen Sprüche, sondern einfach nur jemanden, der da ist und dir zuhört.
(Mein Mann kann zuhören und ohne große Worte trösten. Das war in der Anfangszeit und bis heute ein riesen Geschenk. Wenn ich das Gefühl habe, ihn zu überfordern, spreche ich mit einer lieben Freundin und Arbeitskollegin, die den Krebs überstanden hat und weiß, wie es mir geht.)

2. Erzähle deinen Kindern erst mal nichts
Vor allem, wenn du jüngere Kinder hast: sei zurückhaltend mit der Weitergabe deiner Krankheit. Die neue Situation und die ungewisse Zukunft ist für dich furchtbar - für deine Kinder ebenfalls. Bis du nicht genau weißt, was Sache ist (Diagnose, Nachschnitt, evtl. Therapie), nimm das Wort "Krebs" vor deinen Kindern nicht in den Mund. Erst, wenn du weißt, wie es weitergeht, können auch deine Kinder erfahren, was los ist und wie es weiter geht.
(Meine Kinder sind schon recht alt, der Große wusste ziemlich schnell, worum es geht, aber mit 18 Jahren kann er es auch schon gut einschätzen und redet mit mir, wenn ihm etwas unklar ist. Meine Tochter will mit ihren 14 Jahren bis heute nicht wissen, wie meine Krankheit genau heißt. Wir reden über "das Ding auf dem Rücken" und dass "ein Muttermal weggeschnitten werden musste, um schlimmeres zu vermeiden".)
Diese Bücher sind gut geeignet, um sich auf das Gespräch mit den Kindern vorzubereiten (gibt es auch in der Stadtbibliothek :-)): Kindern Krebs erklären

3. Versuche, einen Termin für den Nachschnitt möglichst zeitnah zu erhalten
Nichts ist schlimmer, als mit einer ungewissen Prognose ewig warten zu müssen. Versuche, in einer Spezialklinik (Dermatologie) einen möglichst frühen Termin zu erhalten. Je schneller das geschehen ist, umso fixer hast du das Ergebnis der Gewebeprobe. Meist werden auch die Lymphknoten per Ultraschall untersucht und ggf. wird der nächstgelegene Lyphknoten (der sog. Wächter) raus genommen und es wird geguckt, ob das Melanom bereits gestreut hat, also Metastasen vorhanden sind. Die Ergebnisse der Nachexision sind i.d.R. spätestens nach zwei Wochen da und dann weißt du Bescheid.
(Mein Termin in der Klinik war superschnell und ich war froh, dass ich sofort operiert wurde.)

4. Sei nicht geschockt über die Größe deiner Narbe und die Länge der OP
"Wir machen 1 cm Nachschnitt." Das hört sich nicht viel an. Wenn man allerdings weiß, dass es sich um nicht um einen Umfang von 1 cm handelt, sondern um jeweils einen Zentimeter Abstand rund um das ehemalige Melanom, sieht die Sache schon anders aus. Bitte deine Ärzte, dir vorher zu erklären, wie und wieviel sie schneiden, dann bist du vorbereitet.
Die OP dauert nicht nur 10 Minuten, sondern meist deutlich länger. Das ist auch gut so, denn dann weißt du, dass zum einen möglichst alles weggeschnitten wird und zum anderen die Narbe gut und in Ruhe zugenäht wird.
(Meine Narbe am Rücken ist länger als 10 cm. Mir war nicht bewusst, dass die Ärzte so viel wegschneiden. Es macht mir im Nachhinein nichts aus, aber eine frühere Information hätte mich beim Anblick im Spiegel nach der OP nicht aus allen Wolken fallen lassen. Die OP von einer Stunde habe ich gut verpackt, aber wenn ich vorher gewusst hätte, wie lange operiert wird und was man so mitkriegt... Veröden der Wunde, Gespräche der Ärzte, der Schnitt mit dem Skalpell..... hätte ich evtl. doch eine Vollnarkose gewählt.)

5. Guck im Internet an den richtigen Stellen
Du willst möglichst viel über deine Krankheit wissen und googelst im Internet alle möglichen Seiten durch? Wenn du stabil genug bist, mache das ruhig. Du kannst aber auch auf Seiten stoßen, die dich eher verunsichern als zusätzliche Infos zu geben. Das Internet und vor allem die sozialen Netzwerke sind aber auch ein wunderbarer Ort, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, Trost zu spenden und selbst zu erfahren. Bei Facebook gibt es zwei großartige Gruppen, die Betroffene mit Hautkrebs zusammenführt:
Diagnose Hautkrebs und lachend in der Sonne und
Im Kampf gegen den Hautkrebs
Hier kann man schnell eine Frage loswerden, zusammen über ein sch... Ergebnis heulen, sich gegenseitig Mut machen, einfach mal albern sein... und man hat das Gefühl, nicht viel erklären zu müssen, weil alle in einer ähnlichen Situation sind.
(Für mich sind beide Gruppen Gold wert. Ich rate dir, dich dort anzumelden. Beide Gruppen sind geschlossene Gruppen. Was dort besprochen wird, bleibt in der Gruppe. Deine Posts in der Gruppe sind nur für Gruppenmitglieder sichtbar. Wie immer du zu Facebook stehen magst: das ist was echt gutes!!!)


... to be continued.... Stand: 4. Mai 2015)

Montag, 20. April 2015

Was man so alles tut....

Ich versuche, der Diagnose Hautkrebs den Schrecken zu nehmen und werde in verschiedener Hinsicht aktiv. Dazu gehört auch ein Termin bei der Psychoonkologie und ein weiteres, privat bezahltes Hautscreening.

Meine Hautärztin hat mir einen Termin in der Psychoonkologie des Uniklinikums ermöglicht. Gut, dass ich so früh da bin, denn das Gelände des Klinikums lädt zum Verlaufen und Herumirren geradezu ein.
Ich gelange in den Wartebereich und bin plötzlich von vielen jungen Mädchen umgeben. Es dauert einen Augenblick, bis ich weiß, warum sie hier sind: Essstörungen. Jedes von ihnen hat ein Büchlein mit der Überschrift "Essprotokoll" in der Hand und wartet auf das wöchentliche Wiegen.
Ich lausche den Gesprächen und bin so etwas abgelenkt, bis ich aufgerufen werde. Die Therapeutin ist eine junge, sympathische Frau mit braunen Haaren und einem verschmitzten Lächeln.
Sie begleitet mich in den Therapieraum und bietet mir etwas zu trinken an. Ich bin froh, dass sie zunächst Fragen stellt, die unverfänglich sind. Ich habe natürlich Angst, die Fassung zu verlieren..... was dann aber (natürlich und Gott sei Dank) geschieht. Ich weine, weine, weine. Es tut mir gut, mich nicht mehr zusammennehmen zu müssen, nicht erst erklären zu müssen, was mich so sehr belastet.
Die Therapeutin fragt nach meiner beruflichen Situation und ist erstaunt, als ich ihr sage, dass ich nach zweiwöchiger Krankschreibung wieder arbeiten gegangen bin. Sie erzählt mir, dass mit meiner Diagnose Menschen bis zu einem Jahr zu Hause geblieben seien. Das kann ich mit nun gar nicht vorstellen - ich merke aber, dass ich die Ernsthaftigkeit meiner Erkrankung auch immer noch nicht wirklich realisieren will. Ich erkenne, dass ich mir zu wenig Zeit gegeben habe: für das Nachvollziehen der Diagnose Krebs und die Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind.
Die Therapeutin lobt meine Anstrengungen, eine Kur zu beantragen. Ich selbst verspreche mir auch einiges von einer Reha, im Grunde liegen alle meine Hoffnungen, dass es mir besser geht, darauf.
Nach der Stunde bei der Psychologin geht es mir besser, ich hatte eine erste Standortbestimmung und irre nicht mehr ganz orientierungslos durch Raum und Zeit. Es war aber auch sehr anstrengend und beim anschließenden Besuch des Friseurs schlafe ich zweimal ein.

Wenige Tage später nehme ich den Telefonhörer in die Hand und rufe eine private Hautarztpraxis an. Ich möchte ein weiteres Hautscreening vornehmen lassen. Die morgentlichen Untersuchungen meiner Haut nehmen immer mehr Zeit in Anspruch, ich stehe mittlerweile eine halbe Stunde vor dem Spiegel und betaste und inspiziere meine Muttermale. Zum Ende hin weiß ich nicht mehr, ob sich etwas verändert hat oder nicht. Bei der Menge der Muttermale verliere ich den Überblick und habe nach der Eigenuntersuchung mehr Angst und Unsicherheit als vorher. Das muss aufhören. Am 11. Mai bin ich mittags bei Dr. Perret. Ich hoffe, danach ruhiger und gelassener den Tag beginnen zu können.

Dienstag, 14. April 2015

Sonnenurlaub im Schatten

Der Türkeiurlaub war schon längst gebucht, als die Diagnose kam. Wie fühlt sich ein Urlaub unter neuen Vorzeichen an?

Ich war noch nie ein Sonnenbeter. Stundenlang in der prallen Sonne liegen, vom Bauch auf den Rücken drehen, Trägerchen hin und her bewegen, damit die Bräune nahtlos wird - das ist nichts für mich. Lieber ein Buch unter dem Sonnenschirm und ein leckeres Getränk im Schatten. Aber natürlich liebte ich das stundenlange Bad im Meer oder dem Swimmingpool, das Trocknen des Wassers auf der Haut, ohne das Handtuch zu benutzen und stundenlange Spaziergänge am Meer mit dem Wind der Nordsee und nichts als einem Bikini bekleidet.
Dinge, die nun endgültig vorbei sind.
Der Türkeiurlaub steht an. Nie hätte ich gedacht, dass ich mir vor einem Urlaub solch merkwürdigen Gedanken machen würde: Sind genügend Sonnenschirme dort? Vielleicht ist das Wetter gar nicht so schön und ich habe GLÜCK?
Die ersten Tage verlaufen unspektakulär, da wir die Gastfamilie meines Sohnes treffen, in der er ein Jahr lang gelebt hat. Viel Besichtigungsprogramm mit dem Auto, Essen im Restaurant, Museen, Moscheen.... die Sonne ärgert mich nicht.
Das soll anders werden, als wir nach Antalya fliegen. Sobald die ersten Sonnenstrahlen hinter den Wolken hervorlugen, reißen sich alle Hotelgäste die Kleidung vom Leib. Szenen, die mich im vorigen Jahr nicht berührt hätten, machen mich jetzt fertig. Dieser ältere Herr mit dem dicken Bauch liegt seit Stunden in der prallen Sonne und ist mittlerweile krebsrot, ebenso die junge blonde Frau am Pool. Ich gehe an den Liegen vorbei und versuche unauffällig eine Art Hautscreening durchzuführen. Dieses große schwarze Mal an dem Unterschenkel der britischen Touristin.... das sieht aber sehr merkwürdig aus?
Am nächsten Tag liege ich in einer ganz wunderbar bequemen langen türkischen Hose (der sogenannten Schalwar) im Schatten meines Sonnenschirm und friere erbärmlich. Wie kalt kann es eigentlich im Schatten noch sein? Mein Mann legt sich tapfer neben mich und beteuert, dass er eh nicht in die Sonne wolle und im Schatten könne er auch viel besser lesen. Ja, ist klar!
Ich denke über meine veränderte Perspektive nach. Das Leben ist nicht zu Ende, weil ich mich von 11-16 Uhr nicht mehr in der Sonne aufhalten sollte. Ich brauche: einen großkrempigen Hut, immer gute Sonnencreme (auch so ein Thema....), einen Knirps-Regenschirm für Notfälle und ganz leichte, langärmlige Kleidung, die man gut in einer Tasche verstauen kann.
Ich kann auch im Meer schwimmen gehen (evtl. mit T-Shirt) und Besichtigungen machen. Es kommt darauf an, was ich draus mache. Entspannt ziehe ich mir eine weitere Fleecejacke an und schlage mein Buch auf. Das Leben ist gut.

Sonntag, 12. April 2015

Kontrolle bei den Liebsten

Nach der Diagnose habe ich nicht lange gezögert und meine Kinder zur Untersuchung angemeldet. In der letzten Woche war es soweit.

Wir fahren zu dritt zur Ärztin. Mein Sohn (17) ist stiller als sonst, die "Kleine" (14) lebensfroh wie immer. Die Untersuchung muss privat bezahlt werden. Für unter 18jährige ist ein Hautscreening nicht vorgesehen, auch wenn es familiäre Vorbelastungen gibt. 
Meine Hautärztin macht gar keine Hautscreenings mehr, die von der Krankenkasse übernommen werden. "Ich kann bei dieser Form der Untersuchung nicht dafür garantieren, dass ich alles sehe", sagt sie. "Die Kasse übernimmt nur Untersuchungen ohne jegliche Hilfsmittel. Wie soll ich mit meinem bloßen Auge alles erkennen?"
Meine Tochter ist zuerst dran. Zuhause war sie noch völlig aus dem Häuschen, als ich ihr mitteilte, dass sie sich komplett entkleiden muss ("Alles? - Nö, das mach ich nicht, kannste vergessen!")
Jetzt legt sie ihre Kleidung brav ab und die Ärztin beginnt mit der Kontrolle. Ein Fleck auf dem Bauch wird eingescannt und durch eine Art Scanner gejagt. Das Ergebnis lautet: verdächtig. 
Die Ärztin sagt:"Dieses Mal entfernen wir. Es kann sich auch um eine Vorstufe handeln, aber sicher ist sicher." Ich muss schlucken. 
Ein weiteres Mal am Po wird fotografiert, damit beim nächsten Screening ein Vergleich gemacht werden kann. So können Veränderungen sofort gesehen und entsprechend gehandelt werden.
Mein Sohn geht allein ins Untersuchungszimmer. Sein Ergebnis: zwei verdächtige Flecken werden entfernt. Wieder bin ich innerlich geschockt - denke aber im nächsten Moment: 'Ja, früh genug. Wir sind zur richtigen Zeit hier. Es ist nicht zu spät.'
Der Termin für die Entfernung ist erst in zwei Monaten. Ich beobachte meine Kinder. Sind sie besorgt oder gar verstört? Nein, alles in Ordnung. Ich bin erleichtert. Meine Hysterie scheint sich tatsächlich nur in meinem Innern abzuspielen oder, wenn die Kinder nicht anwesend sind. Oder immer dann, wenn eine Saite bei mir angeschlagen wird, die mich auf die Krankheit zurückwirft. 

Am meisten weine ich derzeit bei meiner Hausärztin und meiner behandelnden Hautärztin. Sobald es um die Krankheit geht, laufen die Tränen - ganz anders, als im Gespräch mit Freunden oder Arbeitskolleginnen. Dort kann ich abschalten und das ganze von mir fern halten.Sobald meine Ärztin im Sprechzimmer auftaucht, laufen bei mir die Tränen. Mittlerweile ist mir das schon peinlich - wer will schon als Heulsuse gelten? 

Jetzt fahren wir nach Hause, singen im Auto und holen uns Brötchen, um ein ausgiebiges Ferienfrühstück zu veranstalten. Morgen geht es in den Urlaub. Wir fliegen in die Türkei. Diese Reise haben wir vor der Diagnose gebucht. Mal sehen.

Montag, 16. März 2015

Mein neuer Begleiter: die Angst

Nachdem ich mich in den letzten zwei Wochen zunehmend besser gefühlt hatte und die Diagnose Hautkrebs nicht mehr ständig meine Gedanken belastete, erlitt ich am Wochenende einen herben Rückschlag.
Nach dem gemütlichen Frühstück in Bademantel und Pantoffeln nehme ich eine ausgiebige Dusche. Ein Ritual besteht nach dem Duschen darin, die Narbe auf dem Rücken zu inspizieren und einzucremen. Ich drehe mich also um und traue meinen Augen nicht: direkt neben der Narbe befindet sich ein schwarzer Punkt. Unübersehbar und neu.

14.03.2015

25.02.2015 (die selbe Stelle)
Mein Mann, der von mir eiligst herbeigerufen wurde, sagt sofort, dass das nichts Schlimmes sein könne. Denn so schnell könne sich Hautkrebs doch nicht entwickeln. Oder?
Ich lasse ein Fotos schießen und poste es in die Facebookgruppe. Die einen sagen, es sei nichts schlimmes, die anderen raten, direkt zum Arzt zu gehen. Der Trermin für die Entdeckung ist natürlich perfekt gewählt: Samstag Mittag. Da bleibt nur eine Notfallpraxis. Ich lasse mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen und fahre mit dem Auto zu meiner Schwester. Auf der 20minütigen Fahrt überkommt mich Panik. Was ist dort auf meinem Rücken los? Habe ich nicht auch stark geschwitzt in den letzten Tagen und ist dies nicht auch ein Indiz, dass etwas nicht in Ordnung ist?
Bei meiner Schwester breche ich zusammen. Ein Heulkrampf jagt den nächsten. So kenne ich mich nicht. Und ich kann nichts dagegen tun - die Angst beherrscht mich.
Meine liebe Schwester tröstet mich, so gut sie kann (und sie kann es gut! :-)). Sie nimmt mir das Versprechen ab, dass ich sofort ins Krankenhaus fahre.
Der nette Mann an der Zentrale des St. Josefs-Krankenhauses bestätigt mir, dass ein Dermatologe für den Notfall bereit steht. Ich muss mich aber zunächste in der Notfallpraxis melden und untersuchen lassen.
Nach knapp zwei Stunden Wartezeit werde ich ins Sprechzimmer gerufen (so ist das halt am Wochenende in der Notfallpraxis). Ich bin sehr aufgeregt und zeige dem Arzt zunächst das Foto vom 25.2. und danach meinen Rücken. "Ich kann gut verstehen, dass Sie Angst haben", sagt der Arzt. "Aber in diesem Fall handelt es sich um etwas ganz harmloses. Dies ist ein Blutschwämmchen." Ich starre den Arzt an. "Sind Sie sich 100% sicher?" frage ich mit zittriger Stimme. "100%! Machen Sie sich keine Sorgen mehr." Ich breche (mal wieder...) in Tränen aus. Der Arzt nimmt mich in den Arm. "Ach Mädchen, komm mal her. Ist doch alles wieder gut." Ich kann schon wieder grinsen. Mit dem guten Ergebnis renne ich nach draußen in den Wartebereich. Mein Mann nimmt mich in den Arm. "Alles gut!"
Auf der Fahrt nach Hause merke ich, wie verletzlich ich mich fühle und wie fragil mein Zustand noch ist. Das kann so nicht weitergehen. Ich muss etwas dagegen tun. Ein Plan entsteht langsam in meinem Kopf.

Dienstag, 3. März 2015

Einmal ganz nach unten, bitte!

Am nächsten Tag breche ich bei meiner Hausärztin zusammen. Und schäme mich. Viel Lärm um nichts, dir geht's doch jetzt wieder gut, alles ist überstanden - das geht mir durch den Kopf.
Die Ärztin beruhigt mich. Vielen Menschen, insbesondere Frauen, gehe es nach der überstandenen Behandlung zunächst schlecht. Das hänge damit zusammen, dass man sich erst jetzt traut, über Fragen nachzudenken, die auch mal existentiell sein können. Ich nicke - sie hat recht.
Den Krankenschein über zwei Wochen lehne ich zunächst ab. (Erst ein paar Tage später bin ich bereit einzusehen, dass ich noch Ruhe und Zeit für mich brauche.)
Meine Tochter liegt mit Fieber im Bett und ist zu Hause, der Hund leistet mir Gesellschaft. Ich bin nicht ganz allein, habe aber ausreichend Zeit, um über das Geschehene nachzudenken. Und... über das, was kommt. Ich weiß nicht, ob mir die Zukunft zum ersten Mal Angst macht. Wie wird es im Sommer sein? Sitze ich dick vermummt zu Hause? Werden die südlichen Länder zu no-go-Areas? Welche Sonnencreme schützt? Schützt Sonnencreme überhaupt? Bin ich mehr gefährdet als andere, wieder zu erkranken? Was ist mit meiner Familie? Wie geht es den vielen anderen da draußen, die den gleichen Befund erhalten haben? Was machen die?
Ich merke, dass ich aktiv werden will. Gutes Zeichen. Ich recherchiere im Internet und finde auf Facebook eine nette Gruppe: Diagnose Hautkrebs - und lachend in der Sonne. Hört sich gut an, ich trete bei.
Es geht aufwärts - wenn auch in Schüben. Egal. Die Richtung stimmt.

Dienstag, 24. Februar 2015

Wenn dich der Alltag nicht einholt




Ich bin entlassen. Der junge Arzt drückt mir die Papiere in die Hand. Es ist halb zwölf, ich kann nach Hause fahren.
Am Vormittag wurden die Lymphknoten untersucht, alles unauffällig. Das Gewebe, das während der OP rausgeschnitten wurde, ist noch im Labor. Ich packe meine Sachen, verabschiede mich von meiner Bettnachbarin und gehe zum Arztzimmer.

"Hier ist Ihr Nachsorgepass", sagt der Arzt im Tagesraum der Klinik und drückt mir einen orangen Plastikumschlag in Form eines Taschenkalenders in die Hand. "Außerdem erhalten Sie den Arztbrief, er ist zwar noch nicht unterzeichnet, aber falls Sie einen Termin haben, können Sie ihn schon einmal mitnehmen. Bitte lassen Sie die Wunde auf Ihrem Rücken regelmäßig vom Arzt überprüfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute." - "Äh, Moment, ich habe noch einige Fragen......". Gut, dass ich alles in die Notizblockfunktion meines eBooks gekritzelt habe. Fragen zum Antibiotikum, zur weiteren Behandlung, zur Nachsorge werden an Ort und Stelle - im Tagesraum vor weiteren, mir unbekannten Personen geklärt. Mir macht das nichts aus, den wartenden Menschen augenscheinlich schon. Ob die junge Frau da vorne eine ähnliche Diagnose hat? Und sich jetzt erst recht Gedanken machen?
Nicht drüber nachdenken - jetzt heißt es erst einmal raus hier. Ich suche meine Tasche, sie steht genau neben mir. Ich gehe zum Parkhaus und kann es kaum glauben: mein Geld reicht nicht für den Parkautomaten. Also wieder rein ins Foyer, dort steht ein Geldautomat der Sparkasse. Meine Karte wird nicht akzeptiert. Ich werde verrückt, muss ich etwa noch länger hier bleiben? Schließlich funktioniert alles und ich kann zum Auto. Wo ist der Schlüssel? Minutenlanges Suchen. Ich finde den Schlüssel in meiner Jackentasche. Das Gefühl, dass nichts mehr am richtige Platz ist, holt mich wieder ein.
Zuhause lese ich den Arztbericht. Zum ersten Mal sehe ich schwarz auf weiß meine Diagnose.

Aktuelles Stadium: 1a! Na, das hört sich doch prima an. 1a, tippi toppi, einwandfrei! Ich merke, dass ich zum Sarkasmus neige. Erstaunlicherweise steht im Arztbericht ebenfalls, dass ich in "reduziertem Allgemeinzustand" in der Klinik aufgenommen worden sei und diese im "stabilen Allgemeinzustand" wieder verlassen hätte. Moment, da muss ich widersprechen. Um ehrlich zu sein, geht es mir gerade einfach nur schlecht. Ich bin nicht in der Lage, von jetzt auf gleich wieder auf Alltag umzuschalten.
Wie sieht mein Rücken überhaupt aus? Der Schnitt?
Bild vom 8.2.2015

Die Kinder kommen nach Hause, ich bin abgelenkt - dem Himmel sei Dank. Ich beschließe, am nächsten Morgen zu meiner Hausärztin zu gehen. Was ist nur mit mir los? Alles sollte gut sein. Hallo Alltag, wo bist du?

Donnerstag, 19. Februar 2015

Danach - alles anders als geplant

Mein erstes Gefühl nach zweistündiger Dauerberieselung durch Pro Sieben (meine junge Bettnachbarin scheint ohne nicht zu können): Erleichterung. Müdigkeit. Leer im Kopf. Euphorie? Wohl weniger. Langsam beginnt die Wunde zu schmerzen, allerdings noch im erträglichen Maß. Die Schwester hat mir dazu geraten, leichten Druck auf den Rücken auszuüben, so sitze ich meist im Bett oder mit dem Stuhl an der Wand.
Langsam, ganz langsam kriechen Gedanken in meinen Kopf, die ich zuvor erfolgreich verdrängt habe. Du hattest schwarzen Hautkrebs. Ob die wirklich alles erwischt haben? Wie wohl mein Blut aussieht - wurden Tumormarker bestimmt? Bin ich jetzt gesund? Ist es jetzt vorbei?
Nein, es scheint jetzt erst loszugehen. Dass mich eine Angst bestimmt, die mir vor der Krankheit unbekannt war, ist mir unheimlich. Ich, die ich mich immer als besonders widerstandsfähig und resilient gefühlt hatte, bin wie "verrückt" im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich erhalte Anrufe und Whatsapp-Nachrichten. Alle freuen sich. "Jetzt ist alles wieder gut, oder? Gott sei Dank, ist es vorbei!" Ist alles wieder gut? Ist es vorbei?
Am Abend kommt mein Mann zu Besuch. Ich kann weinen, die Tränen tun gut. 
Es ist Samstag. Am Wochenende ist nicht viel los im Krankenhaus. Ich habe gut geschlafen, das Frühstück ist lecker und sogar der Kaffee schmeckt. Eine Schwester wechselt meinen Wundverband. "Die weißen Streifen über ihrer Wunde, Steristrips, sind Wundnahtstreifen. Sie fallen von allein ab. Sie haben großes Glück gehabt - kommen Sie bloß regelmäßig zur Nachsorge.", sagt sie, während das riesige Pflaster durch ein halb so großes ersetzt wird. 
Am Montag wird meine Tochter 14 Jahre alt. Ob ich heimlich flüchte, um ihr morgens gratulieren zu können? Mein Mann und ich schmieden einen Plan. Am Sonntag holt er mich ab und ich sage der diensthabenden Schwester, dass ich einen "grooooooßen" Spaziergang mache und sicher am Montag vor dem Frühstück wieder zurück sein werde. Kurz zu Hause zu sein ist einfach großartig. Am Abend sitzen wir alle auf der Couch, essen Chips und gucken irgendeine belanglose Sendung. 
Am Montag Morgen stehe ich ganz früh auf, schmücke den Geburtstagskuchen und mein Mann bastelt die "Zaubertür" aus Zeitungspapier, durch welche die Geburtstagskinder mit großer Freude ihren Geschenken entgegenspringen. Ich bin glücklich, da zu sein. Um viertel vor sieben mache ich mich wieder auf den Weg in die Klinik. Wenn alle Werte in Ordnung sind, soll ich heute auch entlassen werden.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Endlich alles weg!

Die Dame der Bettenvergabe konnte mir bereits drei Tage später ein Bett anbieten - am Freitag ging es ab in die Klinik. Meine Schwester begleitete mich. Ihr hatte ich den Befund zwei Tage zuvor per Telefon mitgeteilt; sie war stark, aber ich wusste, dass es sie umhauen würde.
Morgens um acht Uhr erhielt ich mein Zimmer, kurze Zeit später erwartete mich der Arzt. "Wir schneiden um die Stelle herum das Gewebe heraus. Dann machen wir noch eine Blutuntersuchung und überprüfen die Lymphknoten. Wenn alles unauffällig ist, können Sie ganz beruhigt sein. Die Tumordicke ist so gering, dass Sie danach nur noch zur Nachsorge kommen müssen."
Das beruhigte mich - vor allem war ich für die unaufgeregte Art des Arztes dankbar. Er untersuchte mich sehr gründlich am ganzen Körper und fand aber keine weiteren Stellen, die hätten entfernt werden müssen.
Mittags wurde ich operiert. Ein kleiner Raum, in dem ich meine Kleidung ausziehen und ein OP-Hemdchen sowie eine grüne Kappe für die Haare anziehen sollte. Ich wurde in den OP gerufen und legte mich mit dem Bauch auf eine Liege. Der Arzt knetete meinen Rücken (vermutlich, um zu sehen, wieviel Haut er zur Verfügung hat) und fragte, ob ich wüsste, was nun gemacht würde. "Klar", sagte ich, "Sie schneiden einen Zentimeter der Haut ab, um das gesamte eventuell befallene Gewebe zu erwischen." - "Ja, ja - aber das bedeutet, dass wir einen Zentimeter im Umkreis um die Stelle schneiden. Das wiederum heißt, dass das Loch mind. 2,5cm groß sein wird. Wir werden auch möglichst tief schneiden, um alles zu erwischen." Ich schluckte. Das war mir nicht klar gewesen. Viel Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, hatte ich nicht. Der Arzt betäubte meinen Rücken mit einem lokalen Anästhesiemittel und dann ging es los.
Eine Stunde lang schnitt und nähte das Team rund um den "Dottore", der in Griechenland aufgewachsen und mehrere Jahre in Italien gelebt hatte. Dann war das Werk vollbracht. Eine Schwester geleitete mich zum Bett und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass es jetzt geschafft war. Der einzige Gedanke, den ich hatte, war: Alles ist raus, endlich!
Das erste Bild nach der OP.


Dienstag, 17. Februar 2015

Der Befund - an einem Ort mit unvorstellbaren Schrecken

Die kommenden Tage waren eigentlich schon seit Wochen prall gefüllt mit Terminen, meist beruflicher Art. Ein Meeting in Frankfurt konnte ich absagen, die private Geburtstagsfeier am Samstag Abend überstand ich mit vielen Gläsern eines schlechten Bio-Rotweins.
Am Montag flog ich in aller Frühe nach Krakau, um dort sowohl an der Zeremonie zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz teilzunehmen, als auch als für eine Podiumsdiskussion zur Verfügung zu stehen, in der es auf internationaler Ebene um Holocaust Education ging.
Ich war froh, weit weg von Deutschland zu sein. Der Besuch der Schindlerfabrik und das Abendessen mit den Teilnehmenden der Konferenz lenkte ab. Am nächsten Tag fand die große offizielle Gedenkveranstaltung statt. Wir versammelten uns in Auschwitz, im Konzentrationslager Birkenau - dort, wo die Züge mit den vielen, vielen Menschen ankamen, die dann sofort vergast oder wenig später ermordert worden waren.
Die Feierlichkeit sollte um 15:30 Uhr beginnen. Es war kalt und windig, am Abend zuvor hatte es geschneit. Das kleine Orchester begann zu spielen - und mein Handy klingelte. Ich verließ den Platz und ging Richtung Ausgang. Die nette junge Ärztin war am Telefon. Ich wusste, was sie sagen würde, bevor ich ihre Stimme hörte. "Es ist leider, wie befürchtet. Die obere Stelle, die wir entnommen haben, war ein malignes Melanom." Ich stapfte durch den Schnee. "Der Tumor ist allerdings im ersten Stadium entfernt worden. Er hatte eine Dicke von 0,66 mm. Man sagt, dass es erst dann gefährlich wird, wenn 0,75mm überschritten werden." Meine Hände waren so kalt, dass ich Schwierigkeiten hatte, das Handy zu halten. "Was bedeutet das jetzt für mich?" fragte ich. "Sie werden zu uns in die Klinik kommen müssen und wir werden den betreffenden Bereich nachschneiden. Wir untersuchen Ihre Lymphknoten und suchen nach Tumormarkern im Blut. Bitte notieren Sie sich die Nummer der Bettenvergabe unserer Klinik." Stift? Zettel? Nicht greifbar - also: zuhören und merken. "Hören Sie,", sagte die Ärztin, "es ist nicht schön, einen solchen Befund zu erhalten, aber Sie haben wirklich Glück gehabt, dass wir bei Ihnen so früh handeln konnten. Sie werden stationär bei uns aufgenommen. Wenn dort alles gut verläuft, haben Sie beste Chancen auf vollständige Heilung."
Ich stand in Auschwitz, dem Ort, an dem über eine Million Menschen gestorben waren. Ich sah die zerstörten Krematorien und die vielen Kamine der unzähligen Baracken. In diesem Moment erschienen meine Sorgen und Nöte auf einmal ganz klein. Ich würde mich um meine Probleme kümmern, wenn ich wieder zu Hause war. Jetzt nicht.

Sonntag, 15. Februar 2015

Raus mit der Wahrheit - ein schweres Ding

Auf dem Weg nach Hause verstand ich die Welt nicht mehr. Als hätte sich die Welt ein Stück verschoben und alles, was mir bislang wichtig war, konnte ich auf einmal in meiner Matrix nicht mehr wiederfinden. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass ich existentielle Angst empfinden würde, wenn ich mich diesem Gedanken hingäbe.

Zuhause. Dort wartete mein Mann. 'Sicher will er wissen, wie es gelaufen ist', schoss es mir durch den Kopf. Muss ich ihm das jetzt schon sagen, fragte ich mich. Warum sollte ich ihn bereits zu diesem Zeitpunkt beunruhigen? Schließlich gab es noch keinen gesicherten Befund.
"Und - wie ist es gelaufen?" Er strahlte mich an. Mein gerade noch fest stehender Beschluss, die Sache für mich zu behalten, löste sich in Luft auf. "Vielleicht habe ich Hautkrebs." Die Arme, die mich umschlossen, fingen mich auf - endlich konnte ich mich fallen lassen. "Wenn es so sein sollte, stehen wir das gemeinsam durch.", tröstete er mich.

Am nächsten Tag auf dem Weg zur Arbeit bemerkte ich, dass ich mein Handy vergessen hatte. Na klar, eine typisch Freud'sche Fehlleistung. Dann muss die Klinik wohl mit meinem Mann sprechen, dachte ich - denn der hütete das Mobiltelefon von nun an zu Hause. Am Mittag rief die Klinik an und teilte mir mit, dass ich am nächsten Tag in die Ambulanz kommen sollte, um das Muttermal zu begutachten.

Mein Mann und ich fuhren am frühen Freitag Morgen in die Nachbarstadt. Die behandelnde Ärztin, eine junge Frau, sah sich meinen Rücken an. "Es wäre wohl besser, wenn wir die betreffende Stelle sofort entfernen. Wir stanzen sie gern heute noch aus - ich kläre kurz, ob das außerplanmäßig möglich ist." Zehn Minuten später lag ich im OP. Zwei Muttermale, ein weiteres kleines im unteren Rücken und die betreffende "auffällige" Stelle, wurden entfernt. Nach der Betäubungsspritze merkte ich weder das Entfernen, noch das Vernähen der Wunden.
"Wir rufen Sie am Dienstag Nachmittag zwischen 15 und 16 Uhr an, dann haben wir den Befund.", sagte die Ärztin noch - dann saß ich wieder im Auto. Ich war froh, dass die beiden Stellen sofort rausgeschnitten worden sind. Wie würde es jetzt weitergehen?

Freitag, 13. Februar 2015

Dieser Tag im Januar

Das neue Jahr - 2015 - war noch frisch. Jede Menge guter Vorsätze warteten wie immer darauf, umgesetzt zu werden. Die geschätzte Halbwertzeit dieser Vorsätze ist im Februar bereits überschritten, deshalb wollte ich fix sein. Eine Woche zuvor noch den Termin mit dem Zahnarzt gemacht (ein gefühltes 50 Mal verschobenes Implantat wartete noch auf mich) und am Montag zum Kiesertraining. Ich konnte stolz auf mich sein. So konnte es weiter gehen. Da war doch diese komische Stelle auf meinem Rücken, die zwischendurch blutete und sich wie Schmirgelpapier anfühlte. Seit Wochen wollte ich sie untersuchen lassen. Also: Nichts wie ab zum Hautarzt. Praktischerweise hat der eine Notfallsprechstunde am Mittwoch Morgen.
"Dann ziehen Sie mal Ihren Pullover aus" hörte ich die Hautärztin sagen. "Bitte umdrehen... ach, ich sehe schon!" - "Genau", werfe ich ein. "Dieses komische weiße Ding auf der rechten Seite." Die Ärztin stutzt: "Nein, das ist eine Alterswarze. Völlig harmlos! Was mir Sorgen macht, ist dieses schwarze Mal auf ihrem Rücken." ALTERSWARZE? Unverschämt, ich bin gerade mal Mitte 40. Und was für ein Mal auf dem Rücken???? Langsam dämmert es mir. Noch vor einer Woche stand ich nach dem Duschen vor dem Spiegel und betrachtete meinen Rücken. Schon damals schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass dieser schwarze Punkt nicht dorthin gehört. "Ich hole gerade ein Auflichtmikroskop", sagt die Ärztin und sagt dann nach erfolgter Untersuchung: "Es tut mir leid, aber das sieht bösartig aus. Das muss so schnell wie möglich entfernt werden. Am besten überweise ich Sie an die Hautambulanz in Bochum, die melden sich innerhalb von 48 Stunden bei Ihnen."
Mein Kopf ist leer. Bösartig? Also Krebs? Auf meinem Rücken? Das kann nicht wahr sein. Oh Gott, jetzt fange ich auch noch an zu weinen.... Die Arztin schaut mich an: "Hier ist noch nichts bewiesen - aber es ist besser, wenn das Mal möglichst schnell entfernt wird, damit wir auf der sicheren Seite sind." Sie hat recht. Weg mit dem Ding. In meinem Kopf legt sich ein Schalter um. Kein Platz mehr für Gefühle. Jetzt muss dieses Ding von meinem Rücken weg. Alles andere wird sich ergeben.
Auf dem Krankenschein steht: Verdacht auf MM. Das Böse Wort, nicht ausgeschrieben. Mir ist klar, was es bedeutet: Malignes Melanom. Schwarzer Hautkrebs. 

Durchgeschüttelt und fallen gelassen

Bitte - was kann schöner sein als zu sagen: Ich hab's überstanden? Merkwürdigerweise fiel bei mir nach diesem Satz der Vorhang. Ich war fertig.
Hatte jetzt alle Behandlungen hinter mir, die Diagnose, den Befund. Das zweimalige Schneiden. Das Krankenhaus. Hey, ich sollte glücklich sein - das Leben genießen.Was sich auftat, war ein riesiges Loch. Malignes Melanon - schwarzer Hautkrebs. Wie wird mein Leben jetzt?

Dieser Blog soll nicht nur mir helfen, sondern auch anderen: Betroffenen, Verwandten, Arbeitskollegen und Interessierten. Wie lebt es sich nach der Diagnose Hautkrebs? Was ändert sich, was bleibt? Informationen, Gedanken, Mut machen, ängstlich sein. Alles hat hier seinen Platz.

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